"Weihnachtsoratorium" am 14. Dezember 2014

Münchner Merkur vom 17. Dezember 2014:

Oratorium für alle Taufkirchner

Taufkirchen - Unter Aufbietung aller Kräfte, insgesamt waren es 122 Mitwirkende, gelingt den Chören eine großartige Aufführung der Kantaten I, III und VI aus Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium.

Die Mitwirkenden der evangelischen Jerusalemkirche, der Kirche St. Georg, dem Projektchor sowie dem Jerusalemkirchen-Kammerorchester sind nach der Nachmittagsaufführung auch am Abend uneingeschränkt präsent. Es ist eine besondere Leistung. „Die Gruppendynamik“, wie Kirchenmusiker Johannes Eppelein erklärt, „macht aus erstmals gemeinsam auftretenden Sängern - einander mitunter wildfremd - ein erfolgreiches Riesenensemble“. Der ursprüngliche Mitdirigent Pascal Caldara musste wegen eines Bandsscheibenvorfalls drei Wochen lang ausfallen, weshalb er zum Aufführungstermin vor rund 720 Gästen den Platz an der Orgel übernahm.

Die jungen Vokalsolisten stimmen in beeindruckender Art überein, das Orchester agiert wie aus einem Guss. Das Publikum in der Kirche erlebt einen Furor teutonicus, doch die vorwärtsdrängende Rhythmik des spätbarocken Großmeisters ist gleichzeitig eingebunden in eine tänzerische Bewegtheit von weicher Melodik. Johannes Eppelein dirigiert vom Podium aus eher locker als straff und erreicht damit einen abgerundeten Wohlklang.

Der von Trompeten überstrahlte Eingangschor "Jauchzet, frohlocket!" wird zum Leitstern. Frisch bringt der Chor auch bei "Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen" (Kantate III) die Aufbruchsstimmung zur vollen Entfaltung. Eine gewisse Dramatik ohne Übersteigerung setzt zu Beginn der Kantate VI "Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben" ein - das letzte Wort wird als lebhafte Lautmalerei wiedergegeben. Gemessen durchschreiten die Chöre die Fuge und sorgen für Transparenz, das gilt für den Klang der vier Stimmen generell. Eppelein motiviert seine Musiker zu einer differenzierten Wiedergabe und vermeidet einen pauschalen Klang, mitunter überrascht die Präzision, mit der die Interpreten arbeiten - die sorgsam abgesetzten Worte und Passagen.

Geschlossener Auftritt des Großensembles wirkt mühelos

Das Großensemble ist zum ersten Mal in dieser Form geschlossen aufgetreten und meistert auch die Choräle als Anteil nehmende Gemeinde mühelos. Der tiefe Eindruck erinnert an Predigten, und die Nähe des Thomaskantors zu Luther verrät auch das Duett, das Kathleen Danke mit leuchtkräftigem Sopran und Virgil Mischok (Bass) zügig durcheilen: "Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen tröstet uns und macht uns frei."

Die tragende Rolle hat der Evangelist, und hier ist es ein Glück, wie der hell timbrierte Tenor Philipp Nicklaus Hoffnung und Zuversicht vermittelt. Lyrische Momente zaubert Luise Höcker mit ihrem angenehm timbrierten Alt - tragfähig auch in hoher Lage. Der klaren Artikulation des sauber intonierenden Chors folgt das Kammerorchester, sonor legen sich die Streicher ins Zeug - markig der Basso continuo mit Kirchenmusiker Pascal Caldara (Orgel), Felix Thiedemann und Lisa Wohlfarth (Violoncello), Michael Schönfelder (Kontrabass) und Johannes Hund (Fagott). Die Oboen haben es nicht wie sonst bisweilen schwer, hervorzutreten, sondern färben den Klang äußerst reizvoll mit (auch die Oboen d'amore). Gegen Ende singt der Tenor wunderbar unruhvoll die Arie: "Du, Jesu, bist und bleibst mein Freund."